Offener Brief an OB Kämpfer zum aktuellen Vergleich

Gartenfreunde-Kiel

Offener Brief an Herrn Kämpfer

Sehr geehrter Herr Kämpfer,

Seit nun mehr vier Jahren empfinden sich die Kleingärtner Kiels in einer für sie unüberschaubaren Lage. Sich über so lange Zeit in einer Situation zu befinden, in der man auf Informationen nicht vertrauen kann, in der man nicht planen kann , in der man nicht weiß, was morgen ist, und ob man sich seinen seit langen Jahren gepachteten Kleingarten noch leisten können wird  macht Angst wie sie wissen.

Und langanhaltende Angst macht bekanntlich krank, wütend und ohnmächtig.

Die Kleingärtner Kiels, wer ist das eigentlich? Das ist nicht, wie so oft von der Stadt und der KN verwechselt der Kreisverband. Jener Kreisverband, dem selbst die Vorstände der Vereine immer wieder mit fundierter Kritik und berechtigtem Mißtrauen in deren Kompetenzen begegnen…jener der sich durchweg als beratungsresistent erweist und es leider nicht für nötig erachtet, eine transparente Kommunikation mit denen zu betreiben die er vertritt.

Das sind auch nicht die Vereinsvorstände, Laien, die derzeit einen äußerst stressigen Job machen, zwischen den Stühlen, einer Menge Fragen ausgesetzt auf die sie oft selbst keine Antworten erhalten.

Die Kleingärtner, das sind diejenigen die die Parzellen bewirtschaften, oft seit mehreren Generationen. Das ist ein ganz bunter, liebenswerter,  einmaliger Haufen an Menschen aus unterschiedlichsten sozialen Bezügen, mit unterschiedlichen Träumen, Hoffnungen, Realitäten, das sind die, die den ” Laden am laufen halten” …wohlgemerkt im eng gesteckten Rahmen ihrer Möglichkeiten. ( es ist ein verbreitetes Mißverständnis, das das die Vorstände und Verbände tun)
Die Kleingärtner, das sind alte wie neue Pächter, finanziell besser und weniger gut betuchte Menschen.
Das sind Menschen mit Urban-gaardening-visionen, die gerne in flexiblen Gruppen gärtnern genauso wie Rentner-Ehepaare, die ihre Scholle seit Jahrzehnten traditionell bewirtschaften und deren Kinder, die die Scholle eines Tages übernehmen wollen, gern vorbeikomme, um schon mal von der Ernte zu kosten.
Das sind ordentliche und weniger ordentliche Menschen, Menschen die ihre Hecke mit Schnurmaß schneiden wie Menschen, die genügend Beibewuchs für Insekten stehen lassen.
Und alle diese Menschen schaffen es, ohne Anleitung von oben miteinander auszukommen, sich gegenseitig zu helfen, die Jüngeren profitieren, so sie es wollen, von den Erfahrungen der Älteren…oder sie machen eben eigene Erfahrungen, entdecken Neues, machen vieles anders, was nicht unbedingt auf Widerstand stößt, sondern auch für die Älteren immer wieder interessant ist.
All diese Menschen beleben den Grüngürtel von Kiel und machen ihn zu dem was er ist. Sie sind aber gleichzeitig auch das Potenzial aus dem weiteres Wachstum entstehen kann.
Und all diese Menschen sind nun…seit nun mehr vier Jahren heillos irritiert über Vorgänge, deren Sinn wie auch deren Inhalt sie mangels Einbindung, Beteiligung und Information nicht mehr durchschauen.

Nun ist die Kuh ja endlich ausm Karton: Ratsinfo 26.10.2017 , die Argumentation liest sich jedoch erstmal reichlich gewöhnungsbedürftig.

Es wird gefragt, ob die Forderungen aus dem GPV von Ende 2013 ( der auch überhaupt erst zustande kam unter dem Druck von Mauscheleien des KV aus der Voelz-Zeit) überhaupt rechtens waren, dies zu klären wäre Job des Kreisverbandes gewesen, auch und gerade im Interesse derer die er vertritt. Klar, das die Stadt diesen Job nicht für den KV macht. Auf diese Prüfung wurde durch die Vorstände auch im Vorfeld massiv gedrungen, da schon der Abschluß des GPV 2013 unter sehr merkwürdigen Umständen stattfand. Gerade die Flächenneuberechnung, deren Hintergrund die in der Ratsinfo angegebenen realen 0,16 cent/quadratmeter Gesammtfläche sind, ist mindestens fragwürdig. Diese Flächenneuberechnung sollte dann ja auch seitens der Stadt erneut überprüft werden, wie noch im November 2016 kommuniziert wurde. Dieser Vorgang bleibt weiterhin vollkommen intransparent.

Hätte sich im Ergebnis auch nur ein quadratmeter der Flächenneuberechnung als unzulässig erwiesen ( und da fallen mir einige Flächen ein, bei denen die Stadt derzeit nicht mehr darauf besteht, sie den Kleingärtnern zuordnen zu wollen, wohl als Ergebnis der im Ratsinfo erwähnten Flächenrücknahmegespräche), so hätte sich im Umkehrschluß auch die angeblich geschuldete Summe an die Stadt verändern müssen…denn man kann ja schlecht Gelder für Flächen einklagen die man zu Unrecht angerechnet hat. Also weiterhin alles höchst merkwürdig…alles andere als transparent.

Bei den Rückforderungen aus dem Dienstleistungsvertrag stellt sich dem real buddelnden Kleingärtner ebenfalls die Frage wie die sich denn begründen. Da der “real buddelnde Kleingärtner” ebenso seit geraumer Zeit ein ” real in Wathose buddelnder Kleingärtner” ist, hat er durchaus ein dringendes Informationsinteresse dahingehend, was am Dienstleistungsvertrag überhaupt erfüllt wurde, was nicht, wo die jährlichen Zahlungen aus dem Dienstleistungsvertrag geblieben sind und last…warum DIE STADT jetzt auch noch Gelder daraus zurückfordert. Das da Gelder nicht dort gelandet sind wo sie hinsollten erschließt sich dem real buddelnden Kleingärtner schon bei einem einfachen Blick auf das Gewässer welches seine Füße umspühlt ( Stichwort ewig nicht sanierte Drainagen, das dieses Problem jetzt angegangen werden soll ist äußerst begrüßenswert)

Die Lübecker Situation die in der Ratsinfo als Beispiel mit angeführt wurde müßte ggf erstmal auf Vergleichbarkeit mit der Kieler Situation überprüft werden

Sie, Herr Kämpfer werden also verstehen, das ” die Kleingärtner” sich immer noch gewaltig am Kopf kratzen.

Das eine mögliche Insolvenz des KV für die Stadt Kiel nicht wünschenswert ist, erschließt sich aus dem im Ratsinfo Beschriebenen. Schlimmstenfalls wäre dabei Nach den Informationen die hier mühsam in die Öffentlichkeit sickerten  sogar eine Abweisung mangels Masse möglich gewesen?

Das das Kleingartenwesen von einer konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Akteure lebt wurde von Seiten der Stadt schon richtig erfasst. Nur fragen wir uns ( wir, die real buddelnden Kleingärtner) wie dieses Vertrauen auf dem Boden solchen Tuns neu wachsen soll.

Es geht hier nicht um eine, evtl begründbare Anhebung des Pachtpreises ( Ratsinfo, Abs 5, )…sondern es geht einzig darum, das die bisher dafür gelieferten Gründe Reichlich Fragen offen lassen.
Mir scheint, die Stadt ist dabei, sich den widerspenstigen Kreisverband mit allen Mitteln zu ” erziehen”… jedoch zulasten und auf dem Rücken der Kleingärtner.

“…Die Landeshauptstadt ist bereit, gemeinsam mit den Kleingärtnern Lösungsansätze für diese Probleme zu entwickeln und deren Umsetzung unterstützend zu begleiten. Diese Probleme können allerdings nicht allein über Verträge bzw. den vorliegenden Vergleich gelöst werden, sondern bedürfen eines ständigen Dialogs zwischen einerseits der Landeshauptstadt und den Kleingärtnern und andererseits zwischen dem Kreisverband und seinen Mitgliedsverbänden. Ein solcher Dialog kann für alle Beteiligten einfacher und besser geführt werden, wenn die Gesamtinteressen der Kleingärtner durch einen Generalpächter gebündelt werden. In den Verhandlungen und der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes wurde der Dialog über die strukturellen Probleme aufgenommen, der in den kommenden Monaten und Jahren fortgeführt werden soll.

i. V. Wolfgang Röttgers
Stadtrat” ( zitat aus Ratsinfo 26.10.2017 )

Wie in obig genannter Textstelle klar erkannt, können Probleme ( in der Kommunikation wie auch in der Sache) nicht allein durch Verträge ect gelöst werden. Kleingärtner, deren Probleme und Realitäten seit Jahren ignoriert wurden werden nun zusätzlich finanziell belastet, wobei in dieser Mehrbelastung Kosten aus kurzverfristeten Rückbauverfügungen, Rhodungsverlangen ect durch die derzeit massiv stattfindenden Kontrollen noch nicht mit eingerechnet sind. Genau diese Mischung wird etlichen mir bekannten Altpächtern die Lust am Weitermachen nehmen, wenn nicht das Genick brechen. Genau jenen Altpächtern die das Fundament für eine vor Ort funktionierende Kleingartengemeinschaft sind.
Ein gesundes Fundament ist nicht mit allein mit rechtsstaatlicher Gewalt aufzubauen, wo die Zustände davor jahrzehntelang geduldet und ignoriert wurden. Man kann mit Mitteln der Umweltpädagogik und Kommunikation diese Zustände viel effektiver und nachhaltiger wandeln und gesunden. Diese fehlt hier leider bisher vollkommen.

Man kann vielleicht Hecken mit Schnurmaß schneiden, nicht aber Menschen.

In der Hoffnung das Vertrauen und konstruktive Zusammenarbeit nicht nur leere Worthülsen bleiben verleibe ich mit freundlichen Grüßen

Gartenfreunde Kiel