Kieler Lösung?

Gibt es eine grüne Lösung für Kiel die die Menschen mitnimmt statt über sie zu verfügen?

Ein Kieler Modell das Schule machen kann oder ein ewiger Quälkram für alle Beteiligten der in der schleichenden Errosion des Grüngürtels endet?

Eigentlich müssten Stadt und Kleingärtner dasselbe wollen: den Erhalt und die Förderung ihrer Flächen im Sinne einer modernen, klimafreundlichen Stadt. Und damit letztlich die reale Umsetzung des teuer erarbeiteten Kleingartenentwicklungskonzeptes.

Hierzu braucht es motivierte (!) Kleingärtner. Von Seiten der Verwaltung kommt nach dem Entwicklungskonzept bisher nix, was Bestandskleingärtner motivieren könnte…geschweige denn Neuinteressenten bewegen könnte.

Wir bekommen seit dem Beginn der gesteigerten Aktivitäten der Stadtverwaltung im kleingärtnerischen Sektor enorm misstrauisches Feedback, ob es nicht eine Fehlentscheidung wäre, sich bei all den Restriktionen einen Kleingarten zu pachten. Und die Vereine sollen und wollen etwas gegen Leerstände tun, ABER die Stadt Kiel kommuniziert nach außen Bedingungen, unter denen man Interessenten bereits vorab vergrault.

Die „Permakultur-interessierte Familie mit Kindern“, die Vogelschutz mit 2,00 m-Spalier-Bäumen erfolgreich betreibt, eine Laube in „einfachster Bauart“ bei hiesigem Klima erst aufbaut und ihr dann beim Vergammeln zuschaut, gibt es schlicht nicht…zumindest gibt es sie nicht in genügender Anzahl, um die zum großen Teil verrotteten Leerstände zu bevölkern. Und evtl. ist das ja auch gar nicht gewollt? Bitte wer mit genügend Grips für ökologische Notwendigkeiten und größere Zusammenhänge in Sachen Klimaschutz nimmt sich FREIWILLIG und auf EIGENE Kosten eines  runtergekommenen Stückes Brache an, also aus rein altruistischen Motiven? Die Vereine selbst können die Leerstände derzeit nicht in genügendem Maße herrichten, da ihnen oft genug -neben Müllentsorgung und Geländepflege- das Geld fehlt. Zudem wozu? Es gibt eh niemanden, der artig zu den derzeit bestehenden Bedingungen pachten will…

Die altruistischen Motive sind eh über die Jahre gewaltig aus der Mode geraten, …wohlgemerkt gesamtgesellschaftlich. Und ausgerechnet den Kleingärtnern will man sie jetzt mittels Verordnungen wieder schmackhaft machen, OHNE ihnen dafür etwas an Mehrwert zu geben. Es geht also um ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen. Im Gegenteil, man nimmt ihnen immer mehr (zB durch die stetig wachsende Neophytenliste) und schließt sie von der Beteiligung an Entwicklungsprozessen weitestgehend aus. Das schmeckt zumindest bitter und wird folglich auch abgelehnt. Denn zuvorderst werden diese Verordnungen von Leuten erlassen, die sich oft selbst nicht wirklich in Verzicht üben…oder es sich leisten können zu verzichten. Marketingwirksam wohlgemerkt, da sie Wesentliches in ihrem Leben eh auf der sicheren Seite haben und ihr eigener Verzicht sich eben darauf nicht bezieht.

Es geht also wieder mal darum, Kleingärtnern Einiges abzuverlangen: Einiges an Einsicht, an Verzicht und an Gehorsam

Es geht NICHT darum, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, es geht nicht um Identifikation und auch nicht um Förderung.

Kleingärtner lehnen etwas nicht laut und im gut organisierten Protest um ihre Sache ab. Sie tun es leise, auch mit den Füßen, bei der nächsten Wahl, auch mittels Verschiebung. Sie machen sich dann vereinsintern Luft, auch in Anfeindungen gegen Vorstände, die sie nicht schützen (können) vor den Begehrlichkeiten der Obrigkeit, und die sie deshalb nicht mehr als ihre Vertretung empfinden.

Die Kleingärtner tun es, indem sie sich schlicht verweigern. Das ziegt sich in immer mehr schwindenden Interesse und Bereitschaft zur Übernahme von Ehrenämtern im Verein. Sie tun es, da sie immer weniger wissen, wofür eigentlich sie mehr tun sollen, also dem Dienst an der Gemeinschaft. Klar, es gibt sie, die kleinen Initiativen die sich teils auch kontinuierlich seit Jahren bemühen eine „andere Kleingärtnerschaft“ darzustellen und zu etablieren. Aber auch diese schaffen es nicht, zahlenmäßig den Grüngürtel zu bevölkern, zumindest gerade die eh prekären Bereiche des Ostufers nicht.

Dazwischen, zwischen Verwaltung und Kleingärtnerbasis, sitzen dann die Vorstände. Ihr Funktionsraum wird immer enger und von ihnen wird verlangt, dass sie krudeste Ideen einer sachfremden Verwaltung umsetzen, Restriktionen ohne tragfähige Alternativangebote durchsetzen…und das gegen ihre Pächter, auch gegen Pächter, die bislang wesentliche Teile der vereinsintern tragenden Strukturen sind (Ehrenamtler) so das sie  sich somit quasi selbst aus dem Amt mobben. Denn das, wofür sie gewählt wurden, wird hier verwaltungsseitig wieder ausgehebelt.

Es werden mit Mitteln schwärzester Pädagogik (Vertragsstrafen an Vereine, die sich eh unter aktuellen Bedingungen finanziell kaum über Wasser halten können) Ehrenamtliche in die Zange genommen und damit letztlich auch in Kauf genommen, die letzten, die sich noch für ihre Vereine einsetzen zu vergraulen. Wohlgemerkt werden hier Erwachsene Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren (was heutzutage eh immer weniger wird) unter Druck gesetzt, anstatt sie zu unterstützen. Soviel zur angeblich gewollten Stärkung im Ehrenamt!

Da die  Rahmenbedingungen der Vereinsarbeit sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert haben, ist die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zu einer staatlichen Aufgabe geworden. Die ehrenamtliche Tätigkeit hat dadurch einen politischen Bedeutungswandel erfahren.

…in Kiel gilt das wohl nicht so, oder wie anders ist zu erklären, dass Ehrenamtler dermaßen drangsaliert werden?

Denn zusätzlich zu den enorm gesteigerten Anforderungen an ehrenamtliche Verwaltungstätigkeit in einem Vereinsvorstand (durch Verordnungen und neue Gesetze im Rahmen der GoBD, der Datensicherheit und des Datenschutzes) erwartet die Stadt Kiel nun von den Vereinsvorständen, dass sie quasi-hoheitliche Aufgaben, die von der Stadt selbst über Jahrzehnte versäumt wurden, nun ersatzweise übernehmen. Damit sollen sich die Ehrenamtler als Erfüllungsgehilfe für die Vorstellungen der Stadt aus einem nicht gemeinsam ausgehandelten Vertrag (!) hierfür ebenso selbstverständlich ehrenamtlich zur Verfügung stellen. Dies geht zu Lasten ihrer eigentlichen Aufgaben im Verein! Die Arbeit „für“ die städtische Verwaltung wächst prozentual zur Arbeit „für den Verein“, und damit der Aufgabe, für die der Vorstand eigentlich gewählt wurde, weiter an.

Das ist nicht nur in hohem Maße zerstörerisch, was ein gelingendes Zusammenleben und Zusammen-wirken für ein lebendiges Kieler Stadtgrün angeht, sondern schlicht auch äußerst respektlos gegenüber der Arbeit der Ehrenamtlichen.

Mir ist nicht klar, wieso es scheinbar verwaltungsseitig nicht möglich ist, über die Folgen des eigenen Handelns nachzudenken und diese abschätzen.

Die Stadt Kiel möchte mit ihren derzeitigen Investitionsprojekten modern und fortschrittlich erscheinen. Sie schafft es aber seit Jahren nicht, den Kleingärtnerkonflikt zu deeskalieren, sondern setzt stattdessen Kommunikationsmethoden aus dem vorigen Jahrhundert ein und macht damit Menschen ihr Engagement madig und negiert eine gemeinsame Basis, aus der miteinander verhandelt wird.

Wenn Politik und Verwaltung sich andere Bürger wünschen (und da rede ich sowohl von Vereinsfunktionären wie auch von der bestehenden Kleingärtnerbasis), da die realen nicht in ihre auf Hochglanz polierten Konzepte passen, sollten die Bürger sich dringend andere Politiker wünschen. Und sie sollten diese Wünsche klug in ihre Wahlentscheidungen mit einfließen lassen. Aber auch außerhalb von Wahl-Zeiten gibt es ein Mehr an Möglichkeiten, Politiker daran zu erinnern, dass sie sich ihre Wähler und Bürger, wie eben auch ihre Kleingärtner, nicht backen können.

Vertrauensschutz bedeutet weit mehr, als die drei Meter zu groß gebaute Laube abreißen zu müssen oder stehen lassen zu dürfen. Vertrauensschutz könnte zum Beispiel damit beginnen, dass hier nicht mehr hinter verschlossenen Türen verhandelt wird.

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Gegner glauben uns zu widerlegen, indem sie ihre Meinung wiederholen und auf die unsre nicht achten.

( Johann Wolfgang von Goethe )